Klassifikation, Kodierung

Für das fallpauschalierte Vergütungssystem (aG-DRG) ist das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zuständig. Die Klassifikationen für Diagnosen und Prozeduren werden vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weiterentwickelt. Das BfArM ist aus dem Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) hervorgegangen, das am 26.05.2020 in das BfArM eingegliedert wurde.

Folgende Klassifikationen finden bei der Verschlüsselung medizinischer Leistungen aktuell Anwendung:

ICD-10-GM und OPS werden jährlich überarbeitet. Die jeweils aktualisierte Version tritt zu Jahresbeginn in Kraft und ist bis Ende des Jahres gültig; unterjährige Fehlerkorrekturen und Aktualisierungen sind möglich.

Bei der Anwendung der medizinischen Klassifikationen ICD-10 und OPS sind bestimmte Regeln zu beachten, die in den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) festgehalten sind. Diese Richtlinien werden von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), dem GKV-Spitzenverbänden, dem PKV-Verband und dem InEK vereinbart und jährlich angepasst.

Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme ICD-10-GM (International Classification of Diseases, 10. Revision, German Modification) ist die amtliche Klassifikation zur Verschlüsselung von Diagnosen in der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gibt die ICD-10-GM im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) heraus. Ihre Anwendung erfolgt im stationären Bereich gemäß § 301 SGB V und im ambulanten Bereich gemäß § 295 SGB V.

Die ICD-10-GM hat zwei Teile:

  1. Das Systematische Verzeichnis (Systematik) besteht aus der eigentlichen Systematik (hierarchisch geordnete Liste der Kodes) und ergänzenden Informationen. Der Vorspann enthält eine Anleitung zur Verschlüsselung und einen Kommentar mit den wichtigsten Änderungen gegenüber der Vorgängerversion.
  2. Das Alphabetische Verzeichnis (Alphabet) ist die umfangreiche Sammlung verschlüsselter Diagnosen aus dem Sprachgebrauch in der ambulanten und stationären Versorgung.

Die ICD-10-GM wird in einem aufwendigen Pflegeverfahren weiterentwickelt. Die Grundlage dafür bildet ein zurzeit jährlich unter Federführung des BfArM durchgeführtes Vorschlagsverfahren.

Bei den ICD-10-Kodes handelt es sich um alphanumerische Kodes mit drei bis fünf Stellen, die vollständig, d. h. bis zur endständigen Ziffer, verwendet werden sollen.

Jeder Diagnosekode ist dreiteilig.

Beispiel: C18.2 - Bösartige Neubildung des Colon ascendens

Kapitel Krankheitsgruppe Spezifikation
C 18 .2

Dem Buchstaben für das Kapitel folgt eine zweistellige Zahl, die die Diagnosegruppe repräsentiert und eine Spezifikation durch mindestens eine Ziffer nach einem Punkt schließt den Kode ab.

Die ersten beiden Kapitel mit den Kennzeichen „A“ und „B“ beinhalten Infektionen, die folgenden Kapitel „C“ und „D“ verschlüsseln die Neubildungen. In den Kapiteln „E bis P“ sind pathologische Zustände nach den verschiedenen Organsystemen sortiert. Im Kapitel „Q“ sind die angeborenen Erkrankungen klassifiziert. Das Kapitel „R“ listet Symptome auf; „S und V“ gliedert externe Krankheitsursachen und das „Z“-Kapitel fasst besondere Konstellationen zusammen, die zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen führen, die keinem der anderen Kapitel zugeordnet werden können (z. B. Nachsorge oder Verdachtsfälle). Im abschließenden „U“-Kapitel sind Schlüsselnummern für besondere Zwecke (z. B. HIV-Stadieneinteilung, Funktionseinschränkungen, Resistenzen von Mikroorganismen) aufgeführt.

Der ICD-10-GM klassifiziert Diagnosen vorrangig nach ihrer Ätiologie. Bei einigen Diagnosen ist es jedoch erforderlich, zusätzlich Manifestationen zu kodieren, die nicht im Kode für die Ätiologie enthalten sind. Dieses kombinierte Ordnungsprinzip wird durch das sogenannte „Kreuz-Stern-System“ der ICD-10 ermöglicht. Zuerst wird die Ätiologie (d. h. der Primärkode mit Kreuz †), dann die Manifestation (= Sekundärkode mit Stern *) kodiert. Als Kreuzkodes können alle ICD-10-Kodes ohne Stern (*)- oder Ausrufezeichen (!) verwendet werden. Stern- und Ausrufezeichen-Kodes jedoch sollen nur mit korrespondierenden Kodes verwendet werden und können keine Hauptdiagnose darstellen. Ausrufezeichen-Kodes (!) spezifizieren eine Primärdiagnose, um beispielweise ihre erhöhte Komplexität zu verdeutlichen. Sie können als Sekundärkodes ebenfalls wie Sternkodes nur zusätzlich zu einem Kode ohne Stern und ohne Ausrufezeichen herangezogen werden.

Mittels der ICD-10-WHO werden Todesursachen verschlüsselt. Sie ist die unveränderte Übersetzung der englischsprachigen ICD-10 der WHO. Es gilt derzeit die ICD-10-WHO Version 2019. Mit der Version 2019 endet der reguläre Aktualisierungszyklus zur ICD-10-WHO, Änderungen an der internationalen Ausgabe der ICD-10 werden von der WHO zukünftig nur noch in Ausnahmefällen veröffentlicht; z. B. im Jahr 2020 mit dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus und seiner Einstufung als „Gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“.

Das umfassende Regelwerk zur ICD-10-WHO geht weit über die Anleitung innerhalb der ICD-10-GM hinaus. Es enthält allgemeine Informationen über die Struktur und die Benutzung der ICD-10 sowie generelle Regeln und Richtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten.

Bei der ICD-11 handelt es sich um die 11. Revision der ICD der WHO. Die ICD dient weltweit zur Verschlüsselung von Diagnosen. Parallel zur Weiterentwicklung der ICD-10 wurde seit 2007 in internationaler Entwicklungsarbeit an einer grundlegenden 11. Revision (ICD-11) gearbeitet. An diesen Arbeiten war bereits das DIMDI vor der Zusammenlegung mit dem BfArM intensiv beteiligt.

Die ICD-11 wurde im Mai 2019 von der WHA72 (The Seventy-second World Health Assembly) verabschiedet und trat am 01.01.2022 in Kraft. Seitdem können die Mitgliedsstaaten der WHO ihre Mortalitätsdaten ICD-11-kodiert an die WHO berichten. Erst nach einer flexiblen Übergangszeit von mindestens fünf Jahren soll die Berichterstattung nur noch ICD-11-kodiert erfolgen. Der konkrete Zeitpunkt einer Einführung der ICD-11 in Deutschland zur Mortalitätskodierung steht noch nicht fest.

Sowohl für die Mortalitätskodierung als auch für die Morbiditätskodierung gilt, dass bis zu einer Einführung der ICD-11 im jeweiligen Anwendungsbereich die ICD-10 weiterhin die gültige amtliche Klassifikation für Deutschland bleibt (ICD-10-WHO für Mortalität und ICD-10-GM für Morbidität).

Der GKV-Spitzenverband engagiert sich für aufwandsärmere und zugleich aussagekräftigere Qualitätssicherungsverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Hierzu hat er ein Konzept zur Integration eines universellen Zusatzkennzeichens "bei Aufnahme vorhanden" in die deutsche Modifikation des ICD-Katalogs entwickelt. Eine zukünftige gesetzliche Nutzungserlaubnis geeigneter Routinedaten für die Qualitätssicherungsverfahren des G-BA vorausgesetzt, kann dieses Verfahren hilfreich für den Abbau von Bürokratie im Krankenhaus sein, weil weniger Qualitätssicherungsdokumentationen erforderlich sein werden und das bei zugleich verbesserter Aussagekraft der Verfahren (z. B. bei nosokomialen Infektionen und Druckgeschwüren).

Der Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) ist die amtliche Klassifikation zum Verschlüsseln von Operationen, Prozeduren und allgemein medizinischen Maßnahmen.

Der OPS ist in verschiedenen Fassungen und Formaten erhältlich und wird zurzeit jährlich überarbeitet; die aktualisierte Version tritt zu Jahresbeginn in Kraft und ist bis Ende des Jahres gültig.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gibt den Operationen- und Prozedurenschlüssel im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) heraus. Die Anwendung erfolgt im stationären Bereich gemäß § 301 SGB V, im Bereich des ambulanten Operierens gemäß § 295 SGB V.

Der OPS besteht aus zwei Teilen:

  1. Das Systematische Verzeichnis (Systematik) besteht aus der eigentlichen Systematik (hierarchisch geordnete Liste der Kodes) und ergänzenden Informationen. Der Vorspann enthält Hinweise zur Benutzung sowie einen Kommentar mit den wichtigsten Änderungen gegenüber der Vorgängerversion. Der Anhang enthält Anleitungen, um Aufwandspunkte für die intensivmedizinische Komplexbehandlung zu berechnen.
  2. Das Alphabetische Verzeichnis (Alphabet) ist die Sammlung von Bezeichnungen der mit dem amtlichen OPS verschlüsselbaren Operationen und sonstigen Prozeduren (jeweils mit zugehörigem Kode).

Im Vorspann zum OPS finden sich Hinweise zur Benutzung. Vorrangig sind aber bereichsspezifische Kodierrichtlinien anzuwenden.

Der OPS ist eine wichtige Grundlage für das pauschalierende Entgeltsystem G-DRG, welches vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) bereitgestellt und in der stationären Versorgung eingesetzt wird. Für die Vergütung der ambulanten Operationen nach einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM) werden Operationen und Prozeduren ebenfalls nach OPS kodiert. Auch die Qualitätsberichte der Krankenhäuser basieren auf OPS-kodierten Operationen.

Seit 1996 wurde er zunächst nur zur Verschlüsselung operativer Eingriffe benutzt (OPS-301). Seit 2004 wird der OPS-301 als OPS weitergeführt und es werden allgemein medizinische Prozeduren im Krankenhaus mittels dieser Klassifikation verschlüsselt. Es handelt sich hierbei sowohl um diagnostische, operative als auch um nichtoperative Prozeduren. Ab 2005 wird diese Klassifikation auch zur Kodierung von medizinischen Leistungen im Bereich des ambulanten Operierens angewendet. Seit 2008 sind im OPS-Katalog auch Kodes für die Applikation von Medikamenten (6-00) enthalten. Im Rahmen eines strukturierten jährlichen Vorschlagsverfahrens wird er von den in der AG OPS vertretenen Selbstverwaltungspartnern unter Federführung des DIMDI bzw. seit Mai 2020 des BfArM weiterentwickelt und jährlich neu herausgegeben.

Auch die OPS-Kodes sind dreiteilig.

Beispiel: 5-434.1 - Atypische partielle Magenresektion als Kardiaresektion mit Hochzug des Restmagens

Kapitel Prozedur Spezifikation
5- 434 .1

Die linksstehende Ziffer vor dem Bindestrich lässt eine Zuordnung zu den Kapiteln für Diagnostik, Bildgebung, Operationen, Medikamente, nichtoperative therapeutische Maßnahmen oder ergänzende Maßnahmen zu. Dann folgt nach dem Bindestrich die dreistellige Zahl, die die Art der Prozedur (z. B. Atypische partielle Magenresektion: 434) bezeichnet. Nach dem Punkt wird der Kode durch eine oder zwei Ziffern (oder Buchstaben) spezifiziert. Im gewählten Beispiel entspricht die Spezifizierung der Angabe, dass es ich um eine Kardiaresektion mit Magenhochzug handelt. Ebenso wie bei der ICD–Kodierung ist auch bei der OPS-Kodierung jeweils der spezifischste, also endständige Kode zu verwenden. Ab dem Jahr 2005 werden die OPS-Kodes ggf. durch Angabe der Seitenlokalisation (L für links; R für rechts und B für beidseits) ergänzt. Das Erfordernis wird im Katalog durch einen Doppelpfeil gekennzeichnet.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der GKV-Spitzenverband und der PKV-Verband und das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK GmbH) verständigen sich jährlich unter Beteiligung von Bundesärztekammer und Deutschem Pflegerat auf die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR). Hinweise an die Selbstverwaltungspartner und das InEK werden beraten und, sofern möglich, im Konsens in den DKR umgesetzt. In jedem Jahr werden Anpassungen an die ICD-10-GM und den OPS sowie redaktionelle Änderungen vorgenommen.

Im Regelwerk sind allgemeine und spezielle Kodierrichtlinien enthalten. Der allgemeine Teil beinhaltet neben den Definitionen von Begriffen wie Haupt- und Nebendiagnosen Regeln zur Kodierung von Diagnosen und Prozeduren sowie Hinweise zur Anwendung der Prozedurenklassifikationen. In den speziellen Kodierrichtlinien werden unter Verwendung von Fallbeispielen Konstellationen beschrieben, die entweder einer genaueren Festlegung bedürfen oder bei denen Ausnahmen von den allgemeinen Kodierrichtlinien zu erläutern sind.

Im Rahmen des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes (KHRG) wurde die Einführung eines durchgängig leistungsorientierten und pauschalierenden Entgeltsystems auf der Grundlage von tagesbezogenen Entgelten für die Vergütung von Krankenhausleistungen der Psychiatrie und Psychosomatik ab dem 01.01.2013 im § 17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) geregelt Die DKG, der GKV-Spitzenverband und der PKV-Verband haben erstmals für das Jahr 2010 und in Anlehnung an die im Geltungsbereich nach § 17b KHG bereits bestehenden Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) eine erste Version Deutscher Kodierrichtlinien für die Psychiatrie und Psychosomatik (DKR-Psych) und damit für den Geltungsbereich nach § 17d KHG erstellt.

Die sozialmedizinische Expertengruppe „Vergütung und Abrechnung" (SEG 4) des Medizinischen Dienstes Bund stellt in einer Datenbank Kodierempfehlungen zur Verfügung, die kontinuierlich aktualisiert und erweitert werden. In den Kodierempfehlungen werden die Besonderheiten der verschiedenen medizinischen Disziplinen anschaulich beschrieben. Die technische Abwicklung der Veröffentlichung erfolgt über den Medizinischen Dienst Bund.

Die Selbstverwaltungspartner nach § 17b KHG sehen für die erfolgreiche Weiterentwicklung des G-DRG-Klassifikationssystems und zur Förderung dessen Akzeptanz die Notwendigkeit, zum Zweck einer sachgerechten Abbildung von Krankenhausfällen Anfragen zum G-DRG-System offiziell zu beantworten. Daher haben die Selbstverwaltungspartner das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) beauftragt, Anfragen in Zusammenhang mit dem G-DRG-Klassifikationssystem durch ein regelhaftes Verfahren zu beantworten.

Das Verfahren enthält formale Regeln für die Einreichung von Anfragen beim InEK, um auf Grundlage ausreichender Angaben zur Anfrage eine strukturierte Bearbeitung und qualifizierte Beantwortung zu ermöglichen. Weiterführende Informationen zur Verfahrensbeschreibung sowie zum Anfrage-Tool finden sich auf der Internetseite des InEK.

Dokumente und Links